Interview mit den Pharmazeuten Susanne Hofmann und Alexander Ehrmann: „Wir sind auf einem guten Weg, Hanf ins rechte Licht zu rücken!“

„Viele Jahrzehnte lang wurde Hanf nur als Droge angesehen und in Misskredit gebracht. Die Rauschwirkung seines Inhaltsstoffs THC ist aber nur ein Aspekt dieser uralten Kulturpflanze. Sie enthält über 50 Substanzen mit nachgewiesener Heilwirkung, von denen vor allem das Cannabidiol, kurz: CBD, hervorzuheben ist. Durch das besondere Zusammenspiel seiner unterschiedlichen Inhaltsstoffe erweist sich Hanf als einzigartige Heilpflanze und kraftvolle Naturmedizin.“ Die beiden erfahrenen Pharmazeuten Mag. pharm. Susanne Hofmann und Mag. pharm. Alexander Ehrmann, Autoren des Kompakt-Ratgebers „CBD – die wiederentdeckte Naturmedizin“, spannen den Bogen von traditionellem Heilwissen hin zu fundierter moderner Wissenschaft und erläutern die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten von Cannabidiol, das unter anderem Abhilfe bei Schmerzen, Angst- und Schlafstörungen, Hautproblemen und Stress schafft.

Hanfprodukte und die entsprechende Ratgeber-Literatur liegen derzeit voll im Trend. Was ist das Besondere an Ihrem neuen Kompakt-Ratgeber über CBD? 

Mag. Susanne Hofmann: Wir haben in unserem Ratgeber ganz klar einen Fokus auf den wissenschaftlichen Hintergrund der Heilpflanze gelegt. Uns war es wichtig klarzustellen, dass die Hanfpflanze kein Lifestyle-Produkt ist, sondern ein enorm breites Spektrum in ihrer medizinischen Wirkung aufweist. Wir wollen auch aufmerksam machen, dass es – neben den vielen positiven Eigenschaften – auch Wechselwirkungen und sogar Kontraindikationen bei der Anwendung geben kann. 

Hanf ist eine uralte, jedoch vergessene und in Misskredit geratene Heilpflanze. Woran liegt das eigentlich, und wie lässt sich die aktuelle Situation skizzieren? 

Mag. Alexander Ehrmann: Hanf in seiner Komplexität ist ja vor allem durch den Inhaltsstoff THC (Tetrahydrocannabinol) und dessen psychoaktive Wirkung bekannt und auch beliebt. Schaut man sich die geschichtliche Entwicklung an, so ist zu erkennen, dass die politisch motivierte Verbannung in den 1920er- bis 1930er-Jahren dazu führte, dass Hanf nur noch als Droge dargestellt wurde. Erst Mitte der 1960er-Jahre konnten Wissenschaftler, auch aufgrund des technologischen Fortschritts, beginnen, Hanf in seiner Gesamtheit zu erforschen und besser zu verstehen. Der Mythos der Droge hängt allerdings auch heute noch wie ein Damokles-Schwert über der Heilpflanze. Wir sind aus medizinischer Sicht auf einem guten Weg, Hanf und vor allem dessen Inhaltsstoff CBD (Cannabidiol) ins rechte Licht zu rücken, wenngleich noch viel Überzeugungsarbeit gegenüber den gesetzlichen Entscheidungsträgern geleistet werden muss.

Etwa 600 chemische Verbindungen wurden in den letzten 60 Jahren in den verschiedensten Cannabissorten erforscht, mehr als 50 Substanzen davon mit nachgewiesener Heilwirkung. Was sind die wichtigsten Inhaltsstoffe, und worin besteht ihre Wirkungsweise?

Mag. Ehrmann: Ganz klar stellen die Cannabinoide wie THC und CBD die wichtigsten und auch besterforschten Inhaltsstoffe der Hanfpflanze dar. Unter anderem sind diese in der Lage, körpereigene Rezeptoren zu aktivieren, die beispielsweise eine Rolle in der Schmerzstillung oder auch Entzündungshemmung spielen. Neben den Cannabinoiden sind es vor allem aber auch die Terpene, die durch ihre synergistische Wirkung die Hanfpflanze für viele Erkrankungen einsetzbar machen. Terpene sind Stoffe, die wir auch aus der Aromatherapie kennen. Sie sind für den Geruch der jeweiligen Pflanzen verantwortlich und haben neben diesem Dufteffekt auch noch eine Vielzahl an therapeutisch einsetzbaren Wirkungen. Durch die Verwendung der gesamten Hanfpflanze entsteht eine einzigartige Wirkungsweise, die wir auch als „Entourage- Effekt“ bezeichnen: Das Zusammenspiel der unterschiedlichsten Inhaltsstoffe bringt einen positiven Benefit in der Wirksamkeit.

Bei vielen (Zivilisations-)Erkrankungen kann CBD eine positive Ergänzung zur Schulmedizin sein, in einigen Fällen stellt CBD sogar eine echte Alternative dar. Welche Beschwerden können beispielsweise erfolgreich mit Cannabidiol behandelt werden? 

Mag. Ehrmann: Die besten Studien und auch die besten Erfolge einer CBD-Behandlung zeigt die Anwendung bei Epilepsie-Erkrankungen. Jedoch ist hier eine genaue Abstimmung der Medikation und des CBD-Produktes durch einen Arzt unerlässlich. In unserer Apothekenpraxis sehen wir besonders bei Patienten mit Hautproblemen, aber auch bei Schlafstörungen oder Stress einen großen Benefit durch die CBD-Einnahme.

Angefangen von Ölen, Samen, Tees bis hin zu rauchbarem Liquid und Kapseln – die Palette an CBD-Produkten wird immer größer. Was sind die Unterschiede der einzelnen Darreichungsformen, und worauf sollte man als Verbraucher besonders achten? 

Mag. Hofmann: Die Unterschiede der einzelnen Darreichungsformen liegen in der Bioverfügbarkeit, also wie viel tatsächlich vom Körper aufgenommen wird, und in der Dauer der Wirkung. Welches Produkt für welche Beschwerde in Frage kommt, sollte stets fachlich abgeklärt werden. Auch ist immer auf eine ausreichende Deklaration der wirksamen Inhaltsstoffe zu achten. Die Finger sollte man auf jeden Fall von Produkten lassen, die weder Inhaltsstoffe noch die Mengen derselbigen ausloben.

Die Anwendung von CBD-Produkten gilt in der Regel als sicher und nebenwirkungsarm. Dennoch gibt es bei der Kombination mit Medikamenten auch Wechselwirkungen und Nebenwirkungen. Welche sind dies, und wer sollte auf die Einnahme besser verzichten?

Mag. Hofmann: Eine ganz klare Kontraindikation stellen CBD-Produkte bei Kindern und Jugendlichen sowie bei Schwangeren dar. Hier ist definitiv von einer Selbstmedikation mit CBD abzuraten. Für diese Patientengruppe gibt es einfach zu wenige Studien und Langzeituntersuchungen! Auch Patienten, die bestimmte Antidepressiva, Blutverdünner oder auch Antibiotika einnehmen, sollten mögliche Wechselwirkungen mit ihrem Arzt oder Apotheker abstimmen. Hier kann es doch zu einer ungewollten Verminderung, Verstärkung oder Verlängerung der Medikamentenwirkung kommen.

Die Beliebtheit von CBD hat sich in den letzten Jahren nicht nur in der Humanmedizin gezeigt, sondern hält auch in der Veterinärmedizin Einzug. Wie können (Haus-)Tiere von der Wirkung profitieren? 

Mag. Ehrmann: In der Veterinärmedizin sind CBD-Produkte für ganz ähnliche Beschwerden wie beim Menschen einsetzbar. Besonders nervöse Tiere profitieren von der CBD-Gabe ungemein. Allerdings ist darauf zu achten, dass die Produkte tiergerecht abgestimmt sind. So vertragen etwa Katzen nicht alle Produkte und können bei falscher Anwendung langfristig gesehen mehr Schaden davontragen als Nutzen ziehen. Ebenso ist in der Dosierung darauf zu achten, dass die Tiere adäquat eingestellt werden. Weniger ist hier definitiv mehr.

Schon seit Jahrzehnten wird über die umfassende Legalisierung von Hanf sowohl als Heil- wie auch als Genussmittel gestritten. Wie beurteilen Sie diese Debatte aus pharmazeutischer Sicht? 

Mag. Hofmann: Ein kontrollierter medizinischer Einsatz von Hanfprodukten ist aus wissenschaftlicher Sicht sicherlich zu unterstützen. Es braucht aber auf jeden Fall klare Regelungen. Momentan schweben CBD-Produkte nämlich in einer rechtlichen Grauzone. Aus unserer Sicht muss diese Lücke schnellstmöglich geschlossen werden.

Buch-Tipp:
Mag. pharm. Susanne Ehrmann / Mag. pharm. Alexander Ehrmann: CBD – die wiederentdeckte Naturmedizin. Was Cannabidiol alles kann und wie es u.a. bei Schmerzen, Stress und Schlafstörungen richtig eingesetzt wird. Mit Extra: CBD-Öl für Tiere. Kompakt-Ratgeber. Mankau Verlag, 1. Aufl. Oktober 2020, Klappenbroschur 11,5 x 16,5 cm, farbig,126 S., 9,99 Euro (D)/10,30 Euro (A), ISBN 978-3-86374-560-8

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