Interview mit Prof. TCM Univ. Yunnan Li Wu: „Die Traditionelle Chinesische Medizin bringt Yin und Yang ins Gleichgewicht“

„Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) hat eine jahrtausendealte Geschichte; ihre Heilmethoden wurden von Generation zu Generation weitergegeben und durchliefen dadurch Millionen medizinischer Tests am Patienten. Sie bringt Yin und Yang ins Gleichgewicht und verbessert den Fluss der Lebensenergie Qi, die menschlichen Organe arbeiten wieder harmonisch zusammen, und der Patient wird gesund. Letztlich kennt die TCM für alle Krankheitsbilder Heilungsmethoden.“ Prof. TCM Univ. Yunnan Li Wu, Experte für Traditionelle Chinesische Medizin und erfolgreicher Heilpraktiker mit großer Praxis in München, erläutert die Grundzüge und Vorteile der immer beliebter werdenden, bewährten Heilkunst aus dem Reich der Mitte. Sein Standardwerk „Das Buch der Chinesischen Heilkunst“ ist nun erstmals als Taschenbuch erschienen.

In den letzten Jahren erfreuen sich Behandlungsmethoden aus der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) wachsender Beliebtheit. Woran liegt das?

Prof. Li Wu: Die Traditionelle Chinesische Medizin hat eine über 4.000 Jahre alte Geschichte, daher auch der Name. Die wirksamen Therapiemethoden wurden von Generation zu Generation weitergegeben und durchliefen dadurch Millionen medizinischer Tests am Patienten. In den letzten Jahren haben die Menschen in Europa ein größeres Bewusstsein entwickelt, den Körper in Einklang mit der Natur zu bringen, was wiederum Gesundheit bedeutet. Die TCM vermittelt dieses Wissen. Akupunktur, Akupressur, Kräuterheilkunde, Qi Gong etc. bieten erfolgreiche Therapielösungen gegen die unterschiedlichsten Krankheitsbilder.

Als Grundprinzip der TCM gilt die ganzheitliche Betrachtung des Menschen und die Deutung allen Lebens aus den polaren Gegensätzen Yin und Yang. Wie hat man sich das näher vorzustellen?

Prof. Li Wu: Das Zusammenwirken der Energien von Yin und Yang ist die Grundlage der Traditionellen Chinesischen Medizin. Yin bedeutet weiblich, sanft, dunkel, dauerhaft, mit Yang verbindet man männlich, kräftig, hell, spontan. Beide sind den entsprechenden Organen zugeordnet. Die TCM bringt Yin und Yang ins Gleichgewicht, sodass die menschlichen Organe wieder harmonisch zusammenarbeiten können und der Patient seine Gesundheit zurückerhält.

Sie betrachten die chinesische Heilkunst als wirksame Alternative und Ergänzung der so genannten westlichen Medizin. Für welche Beschwerden gilt dies besonders?

Prof. Li Wu: Die chinesische Heilkunst ist als Alternative oder Ergänzung der westlichen Schulmedizin besonders wirksam gegen chronische Schmerzen, zum Beispiel bei Migräne, HWS- und LWS-Syndrom – d.h. Schmerzen der Hals- bzw. Lendenwirbelsäule –, Arthrose, Rheuma usw. Letztlich kennt die TCM für alle Krankheitsbilder Heilungsmethoden.

In der chinesischen Medizin wird der Körper als Energiesystem betrachtet, in dem der Fluss der Lebensenergie (Qi) über die Meridiane verläuft. Wodurch wird dieser Energiefluss negativ beeinflusst und welche Behandlungsmethoden bieten sich für seine Harmonisierung an?

Prof. Li Wu: Es gibt zwölf Meridiane, also Energieleitbahnen, in der TCM. Der Fluss der Lebensenergie durch die Meridiane entscheidet, ob ein Mensch gesund oder krank ist. Ungesunde Ernährung, mangelnde Bewegung sowie negative Umwelteinflüsse können den Qi-Fluss stören. Um den Qi-Fluss in den Meridianen zu harmonisieren, gebrauchen wir die bekannten Behandlungsmethoden wie Akupunktur, Akupressur, Schröpfen, Moxibustion, Qi Gong, Tai Chi, Kräuterheilkunde und Ernährungstherapie nach den Fünf Elementen.

Die Traditionelle Chinesische Medizin hat sich seit Tausenden von Jahren aus Naturbeobachtung und den spirituellen Grundlagen des Daoismus und Buddhismus entwickelt. Gibt es aktuelle Fortschritte in der Medizin, die die TCM in ihr Diagnose- und Behandlungssystem mit aufnimmt?

Prof. Li Wu: Die Traditionelle Chinesische Medizin war stets für die Methodik anderer medizinischer Richtungen offen und hat gegebenenfalls neue Behandlungs- und Diagnoseverfahren aufgenommen. Dadurch entwickelt sich die TCM auch immer weiter. Heute bedienen auch wir uns beispielsweise medizinischer Apparate, um genau festzustellen, wo die Bandscheibe zwickt. Umgekehrt hilft die TCM der modernen Medizin bei chronischen Schmerzen, bei der Ausleitung von Giftstoffen, bei Allergien etc.

Welche gesundheitlichen Risiken bestehen bei der (Selbst-)Behandlung mit TCM? Dürfen auch Kinder mit Akupunktur, Akupressur oder Moxibustion behandelt werden?

Prof. Li Wu: Um Akupunktur anzuwenden, bedarf es einer langjährigen, speziellen medizinischen Ausbildung. Eine Selbstbehandlung kann hier zu schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen und unerwünschten Beschwerden führen. Akupunktur beeinflusst das Qi, und zwar entweder positiv oder eben negativ, wenn sie falsch angewendet wird. Da die chinesische Medizin hauptsächlich Prävention anstrebt, empfehlen wir Interessierten, mittels Fachkursen Akupressur, Tuina-Massage, Tai Chi oder Qi Gong zu erlernen. Außerdem finden sich in meinem Buch zahlreiche Anleitungen für die risikolose Selbstbehandlung diverser Alltagsbeschwerden mithilfe der eben erwähnten Heilmethoden. Diese Behandlungstipps können auch bei Kindern problemlos eingesetzt werden; von einem erfahrenen Therapeuten können Kinder aber auch je nach Krankheitsbild mit Akupunktur – es gibt dazu spezielle Kindernadeln oder die Möglichkeit der Laser-Akupunktur – und Moxibustion behandelt werden.

Eine besondere Rolle bei der TCM spielt das Essen, das nicht nur der Ernährung, sondern der Gesunderhaltung und Heilung dient. Was zeichnet eine perfekte Mahlzeit aus, und wie gewährleistet man auch heutzutage eine ausgewogene Ernährung?

Prof. Li Wu: Ein altes chinesisches Sprichwort besagt: „Essen ist das Wichtigste, medizinische Therapie spielt nur eine ergänzende Rolle.“ In der TCM spielt Essen eine entscheidende Rolle in der Prävention, also in der Gesundheitsvorsorge. Deshalb gilt ein wichtiges Prinzip für eine ausgewogene Ernährung: An erster Stelle stehen fünf Getreideprodukte: Reis, Weizen, Hirse, Mais und Dinkel, die wiederum durch Obst und Gemüse unterstützt werden. Fleisch und tierisches Eiweiß spielen nur eine ergänzende Rolle und sollten nur in Maßen verzehrt werden. Nach der TCM werden auch die Nahrungsmittel den fünf Elementen Metall, Erde, Holz, Feuer und Wasser zugeordnet. Im Ergebnis bedeutet das: möglichst viel Getreide, Obst und Gemüse. Die Ernährung nach den Fünf Elementen ist die einfache Grundregel für eine gesunde Ernährung.

Was versteht man denn genau unter den Fünf Elementen, und wie passen diese in die Welt des modernen Menschen?

Prof. Li Wu: Im Bild der TCM trägt jeder Mensch die Fünf Elemente in sich, sowohl physisch als auch psychisch. Die Fünf Elemente beschreiben fünf Organe im Körper: Metall für Lunge, Holz für Leber, Wasser für Niere, Feuer für Herz und Erde für Magen. Wenn die Harmonie der Fünf Elemente hergestellt ist, dann arbeiten diese fünf wichtigen Organe auch harmonisch miteinander. In der modernen Welt jedoch sind Menschen häufig durch unterschiedliche Faktoren belastet. Durch entsprechende Ernährung, eine positive Lebenseinstellung, körperliche Bewegung sowie eine Rückbesinnung auf die Grundlagen des Lebens kann der Menschen wieder zurück zur Balance und somit zu seiner Gesundheit finden.


Buch-Tipp:
Prof. TCM Univ. Yunnan Li Wu: Das Buch der Chinesischen Heilkunst. Bewährtes Heilwissen aus dem Reich der Mitte. Mankau Verlag 2019, 12,90 € (D) / 13,30 € (A), Taschenbuch, 12 x 19 cm, 246 S., ISBN 978-3-86374-538-7.

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